Wilhelm geht in die neue Welt...




Welchen Charakter stellt Ihr im Hobby da? Welche Legende habt Ihr Entwickelt? Wie seht Ihr im Outfit aus?

Wilhelm geht in die neue Welt...

Beitragvon Will_Taylor » So 26. Jun 2011, 20:30

Wie ich hörte ist hier der Platz um seine persönliche Geschichte zu erzählen, famos! Wenn es also den einen oder anderen an meinen Kamin verschlägt, setzt Euch nieder und lauscht meiner Vita:

Geboren wurde ich in der alten Welt, genauer gesagt in Westfalen. Daher wohl auch mein gutes Deutsch ;) Man rief mich damals "Wilhelm Schneider". Meine Eltern waren Mennoniten, was im katholisch geprägten Teil des Landes nicht ganz einfach war. Zwar waren die schlimmsten Zeiten für die Täufer vorbei, jedoch vergessen die Westfalen nichts, so sagte jedenfalls mein Vater immer. Und so ernährte er die Familie auch mehr schlecht als recht, zwar blühten Handel und Handwerk in Westfalen, mit einem "Protestanten" wollte man jedoch nichts zu tun haben, zu sehr hingen den alten Bauern noch die Geschichten über die Schweden und Hessen nach. Aber das kenne ich nur aus Geschichten, denn ich war damals noch ein recht kleiner Wicht.

Jedenfalls sollte mein Vater eines Tages die Gelegenheit bekommen, zusammen mit anderen Mennoniten in die neue Welt zu reisen, wo niemand wegen seiner Religion verfolgt wurde und man nach Gottes Geboten leben konnte. Wir Kinder freuten uns auf das Abenteuer, denn nicht vielen war es vergönnt zu neuen Horizonten zu segeln. Als ich 10 oder 11 war, kamen wir in Pennsylvania an, wohin viele Deutsche schon Jahre vor uns ausgewandert sind.

Das Gemeindeleben war nicht sehr streng, aber es war doch sehr öde, jedenfalls nicht das was man sich als junger Bursche unter einem abenteuerlichen Leben in der neuen Welt vorstellt. So verbrachte ich die Bet- und Lesestunden damit, mir die tollsten Indianergeschichten auszudenken und Streiche auszuhecken. Mein älterer Bruder Balthasar dachte ebenso und nicht selten mussten wir uns die Predigten der Älteren über uns ergehen lassen. Ich sollte das Schuhmacher-Handwerk erlernen, genau wie mein Vater, aber die Arbeit hielt doch sehr davon ab, in die Wälder zu gehen und Vögel zu jagen. Dies war kein Leben für uns und eines Tages beschlossen mein Bruder und ich in den Westen zu gehen und schlichen uns davon.

Wir hörten vom Ohiotal, den dort lebenden Indianern und dass zur Zeit mutige Leute gesucht werden, die mit ihnen Handel trieben. Unser Englisch war mittlerweile ganz gut, nicht perfekt, aber ich nannte mich von nun an "William Taylor". Mit den Jahren lernten wir die Gegend dort gut kennen, hatten engen Kontakt zu Irokesen und Delawaren, lernten sogar ein wenig von ihrer Sprache kennen. Die Stämme waren sich nicht wohlgesonnen, aber das war nicht unser Bier. Wir hatten unser Auskommen und konnten das Leben leben, was wir uns vor Jahren beim Gebet immer ausgemalt haben. Mit der Zeit wurde der Handel jedoch schwierig, die Franzosen wollten die Briten aus dem Gebiet vertreiben und viele Indianerstämme nutzten die Gunst der Stunde um sich ihrer indianischen Feinde zu entledigen. Und wieder einmal kam die Religion ins Spiel: Französische Missionare setzten für die verbündeten Indianer Kopfgelder aus, für jeden protestantischen Skalp.

Die Mennoniten verabscheuten Waffen und sie verabscheuten den Kampf... Wir haben jedoch in den Wäldern um den Ohio und den Muskingum-Fluss unsere zweite Jugend verlebt und die Wildnis kenngelernt, das war unser Glück! Wir konnten mit Gewehren umgehen und wir wussten, das man mit Äxten nicht nur Bäume fällen konnte! Eines Nachts wurde unser Handelsposten dann von Chippewa-Indianern überfallen. Sie zerstörten die Holzbauten, raubten das Handelsgut, und brachten jeden um der sich ihnen in den Weg stellte. Ich weiß nicht mehr wie ich da lebend herauskam, aber ich dankte Gott, dass erste Mal seit Jahren. Ich musste erstmals um mein Leben bangen und ich kämpfte wie ein Wilder, ich möchte jedoch nicht auf die blutigen Details eingehen, befinden sich doch auch Damen in der Runde! Ich überlebte die Nacht, mein Bruder Balthasar jedoch nicht.

Lange irrte ich durch die Wälder und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Nach Hause konnte ich nicht mehr, wir haben alles zurückgelassen, ich könnte meinem Vater nie wieder unter die Augen treten, falls er denn überhaupt noch lebt. Der Tod Balthasars, er würde meiner Mutter noch mehr zusetzen als unser Verschwinden es sicher schon getan hat. Ich traf mit der Zeit einige Briten, sie wussten einiges zum Krieg zu erzählen - gehörten sie doch zu einer kolonialen Miliz, und schloss mich ihnen an. In der Nähe errichteten die Briten ein neues Fort am Andiatarocte-See (das ist der indianische Name, der französische ist wahrlich unaussprechlich! Lack Säng Säkramäng, oder so ähnlich, jedenfalls benannte der Kommandeur den See alsbald nach dem britischen König) und meine Arbeitskraft und meine Jagdkenntnisse kamen ihnen gelegen.

Im September des Jahres 1755 sollte ich an meiner ersten Schlacht teilnehmen, die Franzosen hatten Soldaten, indianische und kanadische Milizen entsandt, um die Briten (zu denen ich mich mittlerweile zählte) vom Lake George zu vertreiben. Oberst William erfuhr davon und zog mit 1000 Soldaten und etwa 200 Indianern den Franzosen entgegen. Die Franzosen lauerten uns jedoch auf, und um ein Haar hätten sie gesiegt, wenn wir nicht durch einen Schuss gewarnt worden wären. Uns gelang der Rückzug und wir flohen in das Lager von Sir Johnson. Die Männer hatten bereits den Schlachtenlärm vernommen und Barrikaden gebildet. Wir hielten den Ansturm der Franzosen auf und ich kämpfte viel und tapfer an jenem Tag.

Dort lernte ich Robert Rogers kennen, er führte eine Kompanie der New Hampshire Miliz, die an jenem Tage aus dem Fort Edward herbeieilte. Er sollte von nun an ebenfalls in Fort William Henry seinen Dienst verrichten und so lernte er alsbald meinen Werdegang kennen. Die Franzosen hofften auf den Winter, damit sie eine Kampfpause einlegen konnten. Aber Rogers hatte eine Idee, wie wir die Franzosen empfindlich ärgern konnten: Eine Schlacht auf Schneeschuhen. Nicht allen gefiel diese Taktik, insbesondere die Kommandanten der "Regulars" hielten dies nicht für eine saubere Art der Kriegsführung. Uns war es egal, denn wir waren von nun an eine eigene Einheit innerhalb der New Hampshire Miliz. Und ich wurde Private Taylor.
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von Anzeige » So 26. Jun 2011, 20:30

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Re: Wilhelm geht in die neue Welt...

Beitragvon macbeith » Mo 27. Jun 2011, 09:16

Schön gezeichnete Vita, Will.

Da geb ich doch glatt noch einen in der Taverne aus.

Slainté

Mac
Tha mi cinnteach gum bi mi a’ tilleadh do dh’ Alba
Lautschrift: Ha mi kiintschach gum bi mi a' tschiljak do Ghallepa
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Re: Wilhelm geht in die neue Welt...

Beitragvon HOGOUAHO » Mo 27. Jun 2011, 09:52

Shekon Will!
Da haste ja ganz schön Was aufem Buckel, wenn ich so Deine Vita lese. Est freut mich, dass Du auf unserer Seite stehst und den Franzen aufs Dach haust. Möglicherweise haben wir uns im Lager von Sir William Johnson schon mal gesehen.
Ich bin ein Mohawkscout der Ranger. Habe gehört, dass in der nächsten Zeit ein Raid gegen die verd... Abnaki in St.Francis stattfinden soll.

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Re: Wilhelm geht in die neue Welt...

Beitragvon Corporal Jakobi » Di 28. Jun 2011, 10:29

Sehr spannend zu lesen, mein Kompliment.
Immer wieder schön, wenn sich Hobbyisten so einbringen.
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